Sonntag, 26. Februar 2012

George R.R. Martin: Die Königin der Drachen (6)




Ich gestehe, diese 780 Seiten haben mich mehr als eine Woche gefesselt, genauer gesagt, lag ich ganze 13 Tage in Martins Knebeln. Daher gab es nun eine kleine amüsante Zwischenpause, die gerade den einen faulen Sonntag ganz toll ausfüllte (und mir mein Buchprojekt nicht versaut - ich will ja schließlich noch in den Spiegel schauen können). Doch dazu erst in der nächsten Rezension.


Wie der geneigte Eis und Feuer-Leser weiß, sind die deutschen Bände ja nur das jeweils zweigeteilte Original. Wie fatal diese Entzweiung beim Rezensieren sein kann, habe ich beim letzten Mal mehr als schmerzlich erfahren (ja, das war schon fast körperlicher Schmerz). Ich habe mich selbst gespoilert. Um die Handlungen der Charaktere dem jeweils richtigen Band zuzuordnen - zumal ich gerade an der Rezension zweier Titel saß - machte ich mich also bei Wikipedia schlau. Ein Fehler, wie sich herausstellte. 
Das gesammelte Online-Wissen unterschied nämlich verständlicherweise nach den englischen Originalen und so las ich einen Satz zuviel. Einen ganz verhängnisvollen Satz, ich könnte mir immer noch die Haare raufen, weil ich halbe Lektüre nur auf die verfluchte "Rote Hochzeit" gewartet habe. So, mehr verrate ich nicht. Ärgere mich nur im Stillen weiter.

Wenn im letzten Band verkrüppelt wurde, dann wird jetzt verraten und gemordet. In einem Wort: krass. Wer stirbt, kann nicht verraten werden, aber eines ist sicher, die Karten werden ganz neu gemischt.

Bei diesem, dem sechsten, Band fällt es mir deshalb sehr schwer, darüber zu erzählen, ohne entscheidende Wendungen in der Handlung vorzugreifen. So macht zum Beispiel Catelyn eine Charakterwandlung der besonderen Art durch, dazu noch völlig unerwartet. Auch Robb führt es auf dem Marsch in den Norden auf ganz andere Pfade. 

Zu den anderen Starks kann man kaum mehr enthüllen. Sansa wird verheiratet und ihr Schicksal scheint am Hof von Königsmund besiegelt zu sein. Letzten Endes entschwindet sie aber, ausgerechnet mit dem schwer fassbaren "Kleinfinger", Petyr Baelish, weit weg aus dem Dunstkreis der Lennisters. Ob es ihr hier allerdings besser ergehen wird, ist fraglich..

Arya versucht immer noch, ihren Weg in den Norden zu finden und macht dabei einige unerfreuliche Begegnungen, die sich alle erhoffen, die kleine Ausreißerin gegen ein ordentliches Lösegeld auszulösen. Zuletzt wird sie vom Bluthund, Sandor Clegane, unfreiwillig eskortiert. Aber auch das ist eine Gefangenschaft, die nicht lang andauern kann. Man kennt sie ja..

Und Bran findet mit einer unerwarteten Hilfe schließlich einen Weg auf die andere Seite der Mauer. Und dort spielt auch ein Großteil der Musik, denn die Wildlinge, das Volk jenseits der Mauer, drängen sich immer mehr in die Handlung. Und sie bringen ihren eigenen König mit, Manke Rayder. 

Jon Schnee, der am Anfang noch der besitzlose Bastard ist, bekleckert sich in diesem Band ordentlich mit Heldentum und bekommt am Ende die Möglichkeit, doch noch Lord von Winterfell zu werden. Doch dieses Angebot schlägt er aus und nimmt einen ganz anderen Titel an. auch erfährt man endlich, wer seine Mutter ist.

Davos dient wieder als Blick auf Stannis, der zunehmend hinter der Roten Priesterin Melisandre verschwindet und Samwell im Gegenzug als zweite Perspektive zu Jon Schnee.

Die Lennisters plagen andere Sorgen. Cersei fürchtet ständig um ihren verwöhnten Sohn und sieht sich selbst als Spielball der mächtigen Männer an Hof, insbesondere ihres Vaters. Tywin Lennister ist auch nicht gerade das, was man ein angenehmes Familienoberhaupt nennen kann. Dem kleinwüchsigen Tyrion trägt er den Tod seiner Frau bei dessen Geburt so stark nach, dass er es ihn deutlich spüren lässt. Alle Mitleidspunkte gehen an den kleinen Mann, der so einiges ertragen muss, sich aber schlussendlich doch wehrt. 
Der andere Sohn, Jaime, kehrt endlich zurück. Ihm wird jedoch nciht gerade der Empfang bereitet, den er sich erhofft hat. So stößt er auf die Ablehnung Cerseis und auch auf die seines Vaters. Man hat den Eindruck, eine völlig neue, nachvollziehbarere Figur vor sich zu haben. Das ist wieder typisch Martin, dass sich Sympathien für einen Charakter entwickeln, nachdem er aus seiner Sicht zu erzählen beginnt.

Doch was macht eigentlich die Hauptperson, schließlich sollte laut Titel die Königin der Drachen im Mittelpunkt stehen. Daenerys ist immer noch damit beschäftigt, Sklaven zu befreien und eine Armee für ihren Einmarsch nach Westeros zu rekrutieren. Dabei werden auch immer mehr Verbindungen zu Westeros sichtbar, besonders zur Mauer. Und schließlich erfährt man mehr über die Herrscherzeit der Targaryens in Westeros. 
Schließlich beschließt sie sogar, erstmal zu rasten und das "Handwerk" des Regierens von Grund auf zu lernen. Ansonsten plätschert die Handlung eher träge dahin, und am Ende beschleicht einen das ungute Gefühl, dass sie es bei diesem Tempo in hundert Jahren nicht nach Westeros schafft.

Nachgeprüft habe ich es nicht, aber den Eindruck habe ich eigentlich nicht, dass Daenerys einen überwiegenden Teil des Buches für sich beansprucht hat. Ein etwas irreführender Titel also.

Zu guter Letzt frage ich mich, ob auch noch andere Charaktere "sprechen" werden, deren Innenleben sicherlich Überraschungen bereithält. Zum Beispiel Cersei Lennister oder Stannis Baratheon. Oder der widerwärtige und dann doch fast sympathische Bluthund Sandor Clegane.

Freitag, 17. Februar 2012

George R.R. Martin: Sturm der Schwerter (5)



Weiter geht es mit der großartigen Saga um die Fantasywelt von George R.R. Martin. "Großartig" schreibe ich und meine es auch, denn im fünften Band (wohlgemerkt, die erste Hälfte des dritten Originalbandes) erlebt man so einige Überraschungen, die eine besondere Spezialität Martins sind.



Mystik und dunkle Magie spielen nun eine tragende Rolle. Nicht nur bei Daenerys, der Drachenkönigin, die aus der Ferne ihre Pläne schmiedet und dabei eine Spur des Feuers und der Vernichtung hinter sich lässt. Auch an Stannis Baratheons Seite steht nun Melisandre, eine mysteriöse Priesterin, die in ihm ihren reinkarnierten Gott des Lichts sieht. Dass es dabei äußerst dunkel zugeht und Stannis bald ihren übernatürlichen Kräften ausgeliefert scheint, bestimmt unter anderem den Fortlauf der Geschichte.


Davos, aus dem Gefolge Stannis, der diese Veränderung bemerkt, erzählt nun aus seiner Sicht. Als ehemaliger Schmuggler, der Hoffnung auf wenig Ehrerweisungen aus königlicher Hand hatte, wird er trotz all seiner Zweifel an Melisandre und ihren Machenschaften, auf seine Seite gezogen - als neue Hand des Königs.


Samwell, der in seiner Tollpatschigkeit an einen anderen Sam aus einem fernen Land erinnert, ist der loyale Gefährte von Jon Schnee und bekommt in diesem Band seine eigene Erzählperspektive. Unfreiwillig zum Dienst an der Mauer verbannt, weil sein Vater die Schande nicht ertragen wollte, ihm Titel und Ländereien zu vererben, schleicht er als das typische Opfer durchs Leben. Bis er auf Jon Schnee und in ihm einen echten Freund trifft. Auch hier tritt wieder etwas "Fabelhaftes" auf die Bühne: Als er einem Anderen begegnet, passiert ihm schließlich etwas völlig Unerwartetes.


Fast jeder Wechsel zwischen den Erzählsträngen geht mit einem Cliffhanger einher. Tot, nicht tot, das fragt man sich des öfteren in diesem Buch und mir schwant schon so einiges für den folgenden Teil.


Catelyns Charakter gewinnt immer mehr meine Sympathie, nun, da sie denkt, dass nur noch zwei ihrer Kinder leben, klammert sie sich mit letzter Kraft (und davon hat sie erstaunlich viel) an den Rest ihrer Familie.
Dabei schlagen sich Arya, Bran und Rickon ihren ganz eigenen Weg durch Westeros. Bran auf dem Rücken Hodors und mit dem verzweifelten Wunsch, endlich fliegen zu lernen wie die dreiäugige Krähe. Rickon verchwindet erstmal aus der Geschichte, nachdem sich die Wege der beiden Geschwister als Sicherheitsmaßnahme trennen.


Arya ist wilder und entschlossener als je zuvor, nicht nur heim nach Winterfell zu finden, sondern auch die Geschichte auf ihre Weise zu beeinflussen. Mein ganzes Leserherz schlägt für diese kleine, mutige Persönlichkeit, die sich mit zwei Gefährten durch Westeros kämpft.


Vater- und mutterlos findet Jon Schnee hinter der Mauer als Spion zwischen den Wildlingen viel Wärme - bei Ygritte, einer Wildlingfrau.


Und dann entspinnt sich noch eine erstaunliche Geschichte zwischen dem schönen Königsmörder Jaime und der nicht-so-schönen Kriegerin Brienne, die ihn gegen Catelyns Töchter eintauschen soll. Endlich erfährt man mehr über seine Vergangenheit und erliegt der Versuchung, sich auf seine Seite zu schlagen.


Schließlich noch ein Wort zu Tyrion. Dem missgestalteten Königssohn wird in diesem Band übel mitgespielt. Ein unglaublicher Lebenswille, aber auch eine traurige Schicksalsergebenheit prägen seinen Charakter und machen ihn noch faszinierender. Letztendlich hat auch er jemanden in seiner Hand, eine Wendung, die man so nicht erwartet hat.


Es ist schwer, den Pathos dieses Epos wiederzugeben, ohne zuviel zu verraten - doch soviel kann man sagen: Es warten immer noch mehr Überraschungen auf euch.

Mittwoch, 15. Februar 2012

George R.R. Martin: Die Saat des goldenen Löwen (4)




Jetzt hat mich die Chronik endlich so richtig gepackt. 

Die ersten drei Bücher las ich mit der angebrachten Skepsis einem angepriesenen Tolkien-Nachfolger gegenüber, überlegt und teilweise auch etwas erleichtert, wenn es im Vergleich zu anderen Kultwerken erdverbundener und unspektakulärer blieb. Kein Fabelwesenfirlefanz, keine Zaubereien oder unmöglich aneckende Charaktere - total pragmatisch und gerade deshalb auch noch nicht so groß. Dachte ich zunächst.

Aber der vierte Band hat mich (nach einem schwächeren Band 3) endgütlig auf die Seite der Chroniken gezogen und ich reihe mich nun ganz freiwillig bei den George R.R. Martin-Fans ein.

Es herrscht Krieg im Königreich Westeros. Der stachelige Eiserne Thron ist es, nach dem die verschiedenen Parteien gieren. Zuerst treten nur vier Ursurpatoren offiziell auf. 
Der jüngste im Bund ist Robb Stark. Als ältester Sohn von Eddard Stark, der Hand des letzten Königs, mit einer Grundehrlichkeit und eisernen Moral hat er alle Sympathien des Lesers auf seiner Seite. Doch Robb ist jung und noch unerfahren, keine besonders guten Voraussetzung für den Titelanspruch auf "Den König des Nordens".

Eine ganz andere, unfaire Partie spielen die Brüder Stannis und Renly Baratheon, die unterschiedlicher nicht sein können. Stannis, der als ältester Bruder des toten Königs, die Krone für sich beansprucht, ist ein Krieger, wie er im Buche steht. Der jüngste Bruder Renly flirtet viel lieber mit dem bunten Leben als dem schmutzigen Schlachtfeld. Und hat dabei eine Begeisterungsfähigkeit, die Stannis als König fehlen würde.
Doch eines fehlt beiden Brüdern: Weisheit. Statt eine Vereinigung ihrer Stärken anzustreben, gehen sie den Weg des Egomanen und sehen sich lieber allein auf dem kühlen Sitz.

Der Eiserne Thron ist jedoch keineswegs kalt. Er wird zu diesem Zeitpunkt von dem hochgeborenen und hoch-arroganten Königssohn, Joffrey Lennister, gewärmt. Bislang ist er eine der wenigen Figuren, für die man nicht die geringste Sympathie empfinden kann. Denn nun hat Joffrey die Schwestern Arya und Sansa Stark in seinen manikürten Klauen und lässt sie seine Machtgier nur zu deutlich und körperlich spüren. Doch die kleine, wilde Arya entwindet sich schnell dem unerbittlichen Griff und flieht in das ungewisse, von Schlachten geschüttelte Land hinaus. Nur heim nach Winterfell ist ihr Ziel, ohne zu wissen, was sie dort erwarten wird. 

Im Hintergrund flicht sich sich Daenerys Targaryen, die letzte Nachfahrin der Drachenkönige, in den Kampf um die Krone ein, ohne das jemand in Westeros davon ahnt.
Genausowenig wie von den ersten drei Drachen, die sie nach unzähligen Jahren zum Leben erweckt hat und als ihr Kinder in den Kampf führt.

Ganz reelle Gefahren bauen sich auch von unerwarteter Seite auf. So begehrt auch das Mündel von Eddard Stark, Theon Graufreud, auf und verlangt nach der "Krone des Nordens".

Einige Abschnitte, und schon fällt auf, dass es von Charakteren und verwirrenden Verbindungen nur so wimmelt. Doch langsam findet man sich ein, selbst wenn man nicht ständig in den Aufstellungen der Königshäusern oder zwischen den Karten hin- und herblättert. Auch hier bin ich wieder von Martins Stilmittel begeistert, die Geschichte immer aus der Sicht einer anderen Person weiterzuerzählen. Dabei lässt es sich natürlich nicht vermeiden, dass an manchen Stellen Ungeduld aufkommt, wenn man wissen möchte, wie es weitergeht, aber von einem neuen Erzählstrang unterbrochen wird. Ebenso überlappen sich die Stränge zeitlich, aber auch das ist keineswegs negativ, sondern gibt dem Epos eine komplexe Dichte, verfeinert die Geschichte ganz meisterhaft.

Auch Jaime, der Königsmörder genannt, spricht nun selbst, doch erst in Band 5 wird er wirklich wichtige Einzelheiten aus seiner Geschichte offenbaren, die seine Hochglanzfassade in einem anderen Licht erscheinen lassen werden.

Und dann ist da noch der Gnom, Tyrion Lennister, der, obwohl er auf der Seite seiner Familie steht, in seinem Wesen seltsam parteilos wirkt. Unmenschlich von Gestalt ist er menschlicher als seine ganze Sippe zusammengenommen, eine der interessantesten Figuren in der Chronik. 
Es ist schwierig, einen Schlusssatz für eine Geschichte zu finden, die hier noch lange nicht am Ende ist. Doch kurzum, mein Fazit: Lesen, lesen, lesen!

Mittwoch, 8. Februar 2012

200 Jahre & 1 Tag: Dickens Nicht-Geburtstag

Gestern ließ sich der gute Charles ordentlich feiern, sogar Google doodlete wunderschön für den Fantasten des 19. Jahrhunderts:



 
Ich finde es wesentlich sympathischer, den Geburtstag als den Todestag zu feiern.
Was feiert man denn da überhaupt? Dass Kunst und Kultur ein besonders schönes Bein amputiert wurde? 

Auf jeden Fall sage ich Danke.

Danke Mister Dickens für viele schöne und schaurige Stunden in meiner Kindheit. Für die  Taschenlampe unter der Bettdecke und die morgendlichen Abdrücke von Oliver Twist in meinem Gesicht.

Danke für viele kleine Hoffnungen und große Erwartungen und dafür, dass es tatsächlich ein Adjektiv für all das gibt.

Dienstag, 7. Februar 2012

Stieg Larsson: Vergebung




Endlich habe ich das Ende gefunden und kann eine neue Hypologie in das Regal stellen.

Ausnahmsweise das Fazit einmal vorweg: Trotz meines Herumgenörgels an den einzelnen Teilen - so schlimm war es nun wirklich nicht.

Zusammengefasst überzeugen mich vor allem der zweite und dritte Teil. Darin entspinnt sich die ganze Geschichte von Lisbeth Salander, die gerade jeweils am Ende des zweiten und dritten 'Teils ihre Spannungshöhepunkte hat.

Zuerst war ich von Vergebung enttäuscht. Ich musste mich durch die erste Hälfte kämpfen, da die Geschichte nach dem plötzlichen Hoch in Verdammnis wieder ziemlich abflacht und nur noch zäh dahinfließt. Auf einmal scheinen alle Aspekte klar, es geht nur noch darum, Lisbeths Unschuld zu beweisen. Sie liegt im Krankenhaus, durch ihre schwere Kopfverletzung außerstande, etwas Aufregendes anzustellen. Der einzige Spannungspunkt ist die unmittelbare Nähe zu Zalatschenko, der nur wenige Meter entfernt auf derselben Station liegt. Auch eine (nicht ganz) neue Figur tritt an den vorderen Bühnenrand: Annika, Mikaels Schwester. Sie wird die Anwältin von Lisbeth und versucht, ihr Vertrauen und den anstehenden Prozess zu gewinnen.

Das ist nicht einfach, denn Mikael enthält ihr gewisse Details und Lisbeth, nun ja, ihre Schweigsamkeit ist uns inzwischen ja bekannt. Dennoch ist die Figur Lisbeths verändert, sie ist formbarer, sanfter und flexibler geworden ohne an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Gerade das macht diese Romanfigur so interessant und stellt Larssons Können unter Beweis - sie ist nicht starr, sondern unterliegt einer stetigen Wandlung.

Am Rande fließt auch noch die Geschichte Erika Bergers dahin, die zu einer großen Tageszeitung gewechselt hat und dort mit einem anonymen Stalker zu kämpfen hat.

Die Geschichte nimmt viele Seiten später wieder an Fahrt auf, als Mikael es schafft, einen Palm und damit eine Kommunikationsmöglichkeit in Lisbeths Krankenzimmer zu schmuggeln. Endlich lässt sie ihre Verweigerungshaltung fallen und erwidert seine unzähligen Kontaktversuche. Gemeinsam entwickelt das ungleiche Trio eine strategisch geniale Verteidigung gegen die vielen Gegner Lisbeths, die sich auch in den Reihen der Staatsgewalt tummeln.

Und abschließend trumpft Larsson noch einmal auf und lässt den Roman in einem furiosen Finale aufbranden. Die über Tage andauernde Verhandlung ist meisterhaft beschreiben, kein Wort ist zuviel. Man hat schon längst vergessen, dass er vormals ganze Absätze für die Einkaufslisten seiner Protagonisten verschwendete.

Mikael Blomkvist gewinnt auf ganzer Länge an Sympathie in diesem Roman und, meiner Meinung auch endlich etwas an Kontur, die ihm vorher im Vergleich zu der scharfkantigen Lisbeth fehlte.

Nun bin ich mir nicht sicher, ob ich es richtig verstanden habe, aber mir scheint, als habe Larsson eine interessante Idee einfach versanden lassen. Die Andeutung, dass es die Sektion bereits vor Zalatschenko gegeben haben soll und welchen Zweck sie damals schon erfüllte, blieb leider nicht mehr als eine vage Idee.

Aber möglicherweise wollte Larsson hier wieder für einen Folgeroman vorgreifen. Auch das ist definitiv eine seiner Stärken, die Handlungsfäden seiner Romane miteinander zu verweben. Schade auch, dass soviele Ansätze nun ins Leere verlaufen, ich hätte gerne mehr über Lisbeths Schwester erfahren, wie sie sich selber weiterentwickelt und welche Leichen Mikael eigentlich im Keller hat.

Mein Fazit. Kein Muss für das literarische Wohlbefinden, aber gerade Verdammnis und Vergebung sind eine spannende Lektüre. Verblendung kann als Schmankerl dazugelesen werden, ist aber für den Inhalt der zwei folgenden Teile nicht essenziell.

Und noch ein Wort zu der aktuell laufenden US-Verfilmung von Verblendung. Meine Empfehlung hat sie. Natürlich habe ich den Vergleich zum schwedischen Original nicht, bin jedoch der Meinung, dass ein zurückhaltend charmanter Daniel Craig und eine faszinierend-verwirrende Rooney Mara auch keinen Vergleich scheuen müssen. in den zwei Stunden und 38 Minuten kam bei mir nicht einmal Langeweile auf.